Schlusswort-Kolumne

 

Das geht nach hinten los!

(September 2021)

 

Vielleicht bin ich zu alt. Schließlich gehöre ich nicht zur angesprochenen Zielgruppe. Den Kanal, auf dem der Spot läuft, kenne ich auch mehr vom Hörensagen. Trotzdem lässt mich eine Frage nicht los.

Mich würde interessieren, liebe Bundesregierung: Wie sprecht Ihr zu Hause, als ganz normale Mamas und Papas, mit Euren Kindern auf dem Weg zum Erwachsenwerden? Beleidigt Ihr sie? Stellt Ihr sie als dumm hin? Vermittelt Ihr ihnen, dass sie in Euren Augen nur kleine Egozentriker sind, denen das Wohl der Welt am Allerwertesten vorbeigeht? Ich vermute, das tut Ihr nicht.

Und doch segnet Ihr im gleichen Atemzug in diesen Tagen als Vertreter des Volkes eine Werbekampagne ab, die Jugendliche zum Impfen animieren soll und dabei vor allem eines tut: beleidigen, herabwürdigen, stigmatisieren. Dafür stellt Ihr Euch nicht etwa selbst vor die Kamera, sondern lasst vermeintlich hippe Influencer in „Jugendslang“ zu Wort kommen, die auf Social Media Kanälen wie TikTok mit fragwürdigen Argumenten verbal um sich schlagen. Warum? Wen glaubt Ihr damit zu erreichen oder gar zu überzeugen?

Vor allem aber frage ich mich: Was sagt das über Euch aus? Über das Bild, das Ihr von unserer Jugend habt? Statt Jugendlichen, und nicht nur denen, zu zeigen, wie Kommunikation auf Augenhöhe, mit Respekt, Anstand und Empathie funktionieren kann, hetzt Ihr erneut die Extreme aufeinander. Wem ist damit geholfen?

 

Was für ein Trauerspiel, dass Euch selbst in Zeiten, in denen uns die Krise bis zum Hals steht, und es mehr denn je auf Zusammenhalt ankommt, so gar nichts Verbindendes einfallen will. Dabei brauchen wir doch alle, die Jungen wie die Alten, mit hoher Wahrscheinlichkeit noch einen langen Atem, um diese Krise zu meistern – auch nach der Wahl!