Kolumne

 

Wachstumsschmerz

Februar 2021

 

Als Jugendliche hatte ich oft Rückenschmerzen. „Das kommt vom Wachstum“, meinten die Erwachsenen und nickten wissend. Es ging vorbei. Jetzt tut es manchmal anders weh.

Erwachsen zu werden war für mich kein Kinderspiel. Nicht nur wegen der Rückenschmerzen. Ich spürte, mit zunehmender Körpergröße werde ich auch anders wahrgenommen. Plötzlich war ich mit den Erwachsenen körperlich auf Augenhöhe, ob ich das wollte oder nicht. Mich reif dafür fühlte oder nicht.

Und heute? Bin ich längst erwachsen. Und merke: Genaugenommen geht es immer noch um Augenhöhe. Darum, mich zu trauen, sichtbar zu sein. Eine Meinung zu haben und sie auch kundzutun. Nicht um des Unbequem-sein-Wollens, sondern weil ich für etwas oder jemand einstehen will, auch für mich selbst.

Nicht selten ist das ein Aus-der-Deckung-kommen. Auf die Gefahr hin, anders zu sein als andere. Alleine dazustehen. Das ist schmerzhaft, manchmal. Doch dann erinnere ich mich an früher. Und flüstere mir zu: „Das kommt vom Wachstum. Vom inneren Wachstum.“

Und ja, es ist schön, wenn der Schmerz auch wieder geht. Und ich dabei ich selbst bleiben darf: greifbar und nahbar. Eine, mit der man rechnen kann. Und muss.