Der gerechte Schluck

 

(August 2023)

 

 

 

Vor gut zwei Jahren schrieb ich eine Kolumne über "hygge", das dänische Wohlfühlen in den heimischen vier Wänden. Einige Zeit später kamen die Finnen. Über sie hab ich auch geschrieben, denn die gefielen mir noch besser mit ihrem "kalsarikännit", sozusagen trinken allen zu Haus.

 

Und nun also die Schweden. Irgendwie klar, dass die auch ein eigenes Lebensgefühl da oben im hohen Norden haben. Ich glaube allerdings, dass es sich damit auch in unseren Breitengraden richtig gut leben ließe: Ihr „lagom“ heißt so viel wie gerade recht, nicht zu viel, nicht zu wenig. Es ist in der schwedischen Psyche tief verwurzelt, geht es doch darum, für sich selbst die richtige Balance zu finden.

 

Das Wort wird seiner Historie nach den Wikingern zugeschrieben, die sich in einer Trinkrunde jeweils den "gerechten Schluck" nehmen sollten, damit es für alle reicht. Die Finnen würden es allein im Feinripp auf dem Sofa tun, die Schweden hingegen sitzen zusammen und teilen gerecht auf, was da ist. Das heißt übrigens nicht, dass sie nicht auch mal über die Stränge schlagen. Aber sie gehen es maßvoller an, schätzen die einfache, bequeme und ausgewogene Lebensweise und erlauben sich das Unvollkommene.

 

Ein schwedisches Sprichwort sagt: „Gerade recht ist genau richtig.“ Gut fühlen, auch wenn es unvollkommen oder unvollendet ist. Weil alles seine Zeit hat und braucht. Vor allem wir selbst, manchmal nur mit uns, manchmal mit den anderen. Lagom eben.