KAPITEL 1: Ich könnte los, aber will ich?

 

Geschichten über Alleinreisende haben mich oft genug mit dem Gefühl zurückgelassen: Verrückt, was die sich trauen. Gleichzeitig war ich mir sicher: Ich bin nicht so wie sie.

Ich bin keine Abenteurerin, keine Weltumseglerin. Ich halte mich nicht einmal für besonders mutig. 

Staumauer, Erzgebirge
Ja, nein, vielleicht? Mut sieht anders aus...

 

Ich hasse zu viel Adrenalin, und der „Augen zu und durch“ Mentalität kann ich schon gar nichts abgewinnen. Ich weiß gern, wohin die Reise geht und mit wem. Ich bin mir sicher, dass ich all die Fragen, die ich und das Leben mir stellen, auch hier zu Hause beantworten kann, sozusagen vom heimischen Sofa aus oder zumindest vor der Wohnungstür. Jedenfalls ohne mich zu weit aus meiner Komfortzone bewegen zu müssen.

 

Ich bin, ehrlich gesagt, beruhigt, dass ich zu alt bin, um mich auf Abenteuer nach dem Motto „Die ganze Welt steht dir offen“ einlassen zu müssen. Warum also soll ich ausgerechnet jetzt anfangen, an meinem Standpunkt zu zweifeln?  

Warnemünde, Ostsee, Meer, Buhnen
Meer ist nicht die Antwort - aber du vergisst dort jede Frage

 

Ich bin zweiundfünfzig Jahre alt und war in all diesen Jahren nie länger als vier Wochen im Urlaub. Allein im Urlaub war ich bislang ganze fünf Tage. Nicht im Ausland, sondern an der Ostsee. Es hat sich gut angefühlt. Aber länger und gar weiter weg musste es nicht sein. Zwei Jahre ist das jetzt her. Hätte mir damals jemand vorhergesagt, dass ich allein für einhundert Tage ins Ausland gehen würde, in ein Land, dessen Sprache ich nicht einmal gut spreche, ich hätte ihn für verrückt erklärt.

 

Staumauer, Brit Gloss
... nichts und niemand steht mir im Weg...

 

Doch dann kommt mir das Leben dazwischen. Und hat ungefragt seinen eigenen Plan für mich. Alles beginnt damit, dass mir mein Sohn zeigt, wie man sich auch ohne jahrelangen Traum vom Leben in der Fremde aufmachen kann ans andere Ende der Welt. Er plant mit gerade mal achtzehn Jahren ein Work-and-Travel in Australien. Gut so, denke ich. Und bin mir gleichzeitig sicher, mein Ding weitermachen zu wollen wie bisher.

 

Doch irgendwann ist er da, dieser Gedanke: Wäre das nicht auch was für mich? Nicht gleich ans andere Ende der Welt, aber ins Ausland, für ein paar Monate? Und mit dieser Frage taucht die nächste auf: Welche Geschichte erzähle ich mir da eigentlich die ganze Zeit? Eine Geschichte, die Gründe erfindet, warum es gerade nicht geht? Eine, die mir den Platz auf meinem Sofa warmhält? Nach all den Jahren stelle ich fest: Nichts und niemand steht mir im Weg – außer ich selbst. Ich könnte los, aber will ich? 

 

Erzgebirge, Brit Gloss
Da geht's lang?!

 

Mit eben dieser Frage beginnt genaugenommen schon meine Reise. Obwohl ich noch keinen Schritt losgegangen bin. Obwohl ich noch glaube, es ist nur ein Gedanke, der mal kurz anklopft und dann wieder verschwindet. Erst in der Rückschau weiß ich: Das ist der Punkt, an dem es für mich schon kein Zurück mehr gibt. Plötzlich stecke ich mittendrin in der Idee. Und die Dinge kommen auf den Weg, unaufhaltsam, mit erstaunlicher Mühelosigkeit. Sicher, es gibt Zweifel zwischendurch, aber Angst vor der eigenen Courage spielt bei all meinen Überlegungen seltsamerweise keine wirkliche Rolle. Ich brauche eben nicht meinen ganzen Mut zusammenzunehmen, um mich zu trauen. Die Reise scheint genau jetzt dran zu sein. So weit, so klar, so überraschend.

 

 

In diesem Blog will ich von dieser meiner Reise erzählen. Nicht, weil ich glaube, dass man das unbedingt einmal gemacht haben muss. Ich will erzählen, wie es sich anfühlt, wenn eine Idee auf den Weg kommt, und man einfach etwas macht, weil es vielleicht wirklich gut werden könnte. Ich will von meinen Fragen und Zweifeln erzählen, der Euphorie und den Hindernissen, den Begegnungen und den Abschieden. Davon, wie erstaunlich lohnend es sein kann, wenn Pläne nicht funktionieren. Wie mich diese Reise verändert hat, lange bevor ich in den Flieger gestiegen bin. Und wie sie immer noch in mir rumort, obwohl ich doch schon längst wieder Zuhause angekommen bin. Warum mir auch in der scheinbar perfekten Kulisse manchmal zum Heulen zumute war. Wie es sich anfühlt, nach dem Sich-Aufgemacht-Haben, auch wieder bereit sein zu müssen fürs Nach-Hause-Kommen. Und was ich anfange mit all den Erfahrungen und Erlebnissen. Wie ich schwanke zwischen dem Alles-Verändern-Wollen und dem wirklichen definitiven Ankommen in dem, was ich bin und will.

 

Es ist die Geschichte eines Abenteuers, von dem ich nicht einmal ahnte, wie bereit ich dafür war.

 

Alles begann vor zwei Jahren an einem warmen Sommerabend auf meinem Balkon. 

Katze neugierig am Fenster
Auch schon neugierig, wie es weitergeht? © pixaline

Auszug aus dem zweiten Kapitel

 

Ich bekomme das Grinsen einfach nicht aus dem Gesicht. Als hätte jemand in meinem Inneren ein Licht angeknipst. Meine Knie sind weich, unter meiner Haut kribbelt es. Liegt es am Wein? Oder an dem Thema, das seit gut einer halben Stunde durch unser Gespräch geistert?

Erst ist es nur ein Gedanke, ein laut ausgesprochener Satz, dann jedoch nimmt das Ganze mehr und mehr Fahrt auf. Mitten hinein in diesen wunderbaren Sommerabend, den wir essend, trinkend, redend, rauchend auf dem Balkon verbringen. 

 

...

 

Nächsten Freitag dann das komplette Kapitel ;-)

 

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