Kapitel 59: Mit leichtem Gepäck durch die Auszeit?

 

Als ich in meine dreieinhalbmonatige Auszeit starte, habe ich knapp fünfzehn Kilo im Rucksack. Ich hatte nach einem einfachen Prinzip gepackt: Es kamen an Kleidung nur ausgesprochene Lieblingsstücke in mein Gepäck. Kein „Geht so“-Shirt, kein „Na ja“-Kleid. Dafür nur Bestseller, auf die ich mich jeden einzelnen Tag freuen würde, sie zu tragen. 

 

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Rucksack mit 15 Kilo und kleiner Rucksack mit Laptop und allen Unterlagen

 

All die Tage, die ich bislang in Portugal unterwegs bin, stelle ich fest: Es könnten durchaus noch ein paar Kilo weniger im Rucksack sein. Denn je länger ich hier bin, desto klarer wird mir, wie wenig ich wirklich brauche. Alles in allem haben mich meine Sachen jedoch wunderbar wärmend durch die kühlen Tage der ersten Wochen begleitet. Und unter der mittlerweile heißen portugiesischen Sommersonne würden auch die restlichen Stücke bestens ihren Dienst tun.

 

Neben meiner Kleidung habe ich einiges fürs Wohlfühlen im Gepäck: ein paar Fotos; eine Postkarte mit einem Spruch, den ich mag; eine kleine gestrickte Blume; ein Kraftkarten-Set. Auf der Gepäckwaage am Flughafen schlagen all diese Dinge kaum zu Buche. Dafür wärmen sie mich hier wunderbar von innen, wann immer mein Blick auf sie fällt. 

 

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Einer meiner Seelenwärmer unterwegs: Das "Herzrein"-Kartenset (hier erhältlich: herzrein.de)

 

Als ich mein Gepäck für sechzehn Wochen Portugal plante, habe ich bemerkt, wieviel die Menge des Gepäcks über mein Bedürfnis an Sicherheit aussagt. Konnte ich mich für alle möglichen Situationen wappnen? Oder konnte ich vielmehr darauf vertrauen, dass ich das Richtige schon dabeihaben oder sich irgendwie anderweitig eine Lösung finden würde? Was und vor allem wie viel brauche ich, um mich gut und sicher zu fühlen, wohlzufühlen mit mir und der jeweiligen Situation? Da ich keine Vorstellung hatte, was und wem ich in diesen über einhundert Tagen begegnen würde, bestand durchaus die Gefahr, lieber noch das ein oder andere Stück für den Fall der Fälle einzupacken. Dann hätten allerdings aus fünfzehn Kilo Gepäck schnell mal dreißig werden können. 

 

Aaron, mein Mitbewohner in meiner ersten Woche in Praia de Faro, hatte gerade einmal acht Kilo in seinem Rucksack. Und selbst er überlegte, noch eventuellen Ballast abzuwerfen. Einen Abend lang redeten wir fast ausschließlich über das Reisen und die dafür notwendige Menge und Auswahl an Gepäck. Darüber, was jedes einzelne Kilo aussagt, was wir brauchen, was wir glauben zu brauchen, was wir stattdessen vermissen, und was wir versuchen, bewusst oder unbewusst über ein Mehr an Kilos in unseren Rucksäcken zu kompensieren.

 

Ich spürte ebenso wie er bereits in diesen ersten Tagen, dass es da wohl noch ein Zuviel im Rucksack gab. Doch ich war noch nicht bereit zum Loslassen. Zu groß war meine Angst, es nur wenige Tage später zu bereuen. Nämlich dann, wenn der Fall der Fälle, von denen mein Verstand in seiner Vorstellung eine Menge parat hatte, eintreten könnte.  

 

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Schnell ein- und ausgepackt - und den Laptop für Schreibimpulse griffbereit

 

Jetzt, drei Wochen vor dem Ende meiner Auszeit stelle ich fest: Ballast ist relativ. Und ich frage mich, was ich hierlassen will. Von welchen Dingen will ich mich trennen, weil ich ihnen in meiner Zeit in Portugal entwachsen bin – und das meint nicht die Kleidergröße. Noch habe ich nichts entschieden, aber die Frage, diese Option des Loslassens gefällt mir.

 

Und ja, vielleicht will ich auch etwas aus diesem Land mitnehmen? Noch habe ich mir hier nichts gekauft für die Zeit nach der Auszeit. Aber es ist eine schöne Vorstellung, etwas in Händen halten zu können, was mich an diese Zeit erinnert.

 

Und dann gibt es da einige Dinge, die sich als äußerst nützlich während meiner Auszeit erwiesen haben. Und auch diese Erfahrung teile ich gern mit euch.

 

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Schon viel gereist und auch in der Auszeit dabei: meine Flip Flops

 

Da sind zum einen meine heiß geliebten und in Deutschland oft genug sträflich vernachlässigten Flip-Flops. Für mich der Inbegriff der Auszeit.

 

Als zweites, und das überrascht mich selbst am meisten: die vielfach belächelte Selfi-Stange. Sie ist hilfreich, denn sie macht einfach schönere Fotos von dir mitten im Nirgendwo. Zudem möchte ich auch in Großstädten wie Porto oder Lissabon nicht jedem mein Handy für ein Foto in die Hand drücken müssen. Auch wenn ich nicht immer lässig genug bin, umgeben von Menschen vor der Selfi-Stange zu posieren, bekommt sie dennoch eine klare Empfehlung von mir.

 

Ebenso praktisch, weil das Gepäck im Rucksack bestens sortiert bleibt, sind kleine Gepäcktaschen. Ich habe vier davon in verschiedenen Größen dabei, sortiert nach Kleidung, Wäsche, Technik und Kleinkram. Perfekt, um in nicht einmal einer halben Stunde alles ein- und wieder auszupacken und auch zwischendurch alles schnell zu finden.

 

Ebenfalls eine klare Empfehlung: ein dünner Schlafsack oder eine dünne Steppdecke. Ich habe mich für letzteres entschieden. Sie wiegt nicht mal ganz ein Kilo, wärmt dafür aber zusätzlich zu den bereitliegenden Decken in den Unterkünften, wenn die Nächte mal merklich kühler sind. Jetzt, da die Temperaturen nur noch selten unter zwanzig Grad liegen, nutze ich sie immer noch als bequeme Unterlage am Strand oder auf Tour. Leicht, klein, strapazierfähig. Dafür ein Daumen hoch. 

 

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Wärmend, leicht, handlich - meine dünne Steppdecke
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Bringen Ordnung in den Rucksack: Gepäcktaschen in vier Größen

 

Und dann ist da noch etwas, was mich wirklich überrascht: Ich bin seit mehr als achtzig Tagen in Portugal und habe noch nicht ein einziges Mal meine Absatzschuhe getragen. Unglaublich. In Deutschland undenkbar. Denn ich liebe meine Absatzschuhe. Und hatte mich darauf gefreut, in Lissabon, Porto oder Coimbra in enger Hose und schmalem Top oder im Sommerkleid barfuß in meine kleinen Schwarzen zu steigen und mich ins Getümmel zu stürzen.

 

Stattdessen reisen die kleinen Schwarzen von Stadt zu Stadt, von Strand zu Strand mit mir und hoffen jeden Tag aufs Neue, mal vor die Tür zu dürfen. Aber ehrlich: Sich auf portugiesischem Boden auf Absätzen zu bewegen, gleicht einem Seiltanz. Mal ist es das holprige Kopfsteinpflaster, mal der Sandboden, mal ist es die wahlweise extreme Steigung oder das Gefälle der Wege. Irgendwas ist immer. Also kommen in den Städten eher meine leichten, flachen Sommerschuhe oder Turnschuhe zum Einsatz. Und an der Algarve sind es fast ausschließlich meine Flip-Flops, die mich durch die Tage tragen. Unglaublich, wie wenig Schuh Frau braucht – einhundert Tage lang!

 

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Gut zu Fuß durch die Auszeit in Portugal: Turnschuh statt Absatz

 

Alles in allem ist mein Kleidungsstil eine Mischung aus Auszeit-Gelassenheit und Schick. Ich steh nicht auf Wandersandalen und Allzweckhosen mit praktischem Zipp-Reißverschluss. In Portugal schon gar nicht. Zumal es die portugiesischen Frauen verstehen, sich gut zu kleiden, ganz gleich in welchem Alter. Dabei donnern sie sich nicht künstlich auf, sondern setzen die eigene Weiblichkeit charmant in Szene. Fazit: nachahmenswert.  

 

Ich bin dankbar, dass ich mich in den Wochen, die ich bislang hier bin, noch nicht satt gesehen habe an meiner übersichtlichen Zahl an Kleidungsstücken. Das Prinzip Lieblingsstücke scheint zu funktionieren. Jedes einzelne Teil ist willkommen. Es lohnt vermutlich auch zu Hause einen freudvoll-gelassenen Blick in den Kleiderschrank zu werfen. Wer weiß, was da so alles gehen will?

 

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