Kapitel 25: Zuviel des Ganzen?

- zweiundsiebzig Stunden bis zum Start - 

 

Bevor ich dieses Kapitel beginnen kann, braucht mein Rechner an diesem Morgen erst einmal einen Neustart. Ehrlicherweise könnte ich auch gerade dringend einen Neustart gebrauchen.

 

Ich fühle mich müde, erschöpft, und mein Körper ist schwerfällig, als hätte er überall Muskelkater. Keine Ahnung, was los ist. Zwischenzeitlich habe ich Angst, ich könnte mir eine Erkältung eingefangen haben. Ich will es gar nicht zu Ende denken, zweiundsiebzig Stunden vor der Abreise. Das Timing wäre der Hammer. Und der Verstand könnte leise raunen: Siehst du, ich habe dir gleich gesagt, so etwas kann passieren.

 

Brit Gloss, Alleine los Blog, Kapitel kurz vor der Abreise
Was für ein Timing: Noch drei Tage bis zum Start - und ich hänge in den Seilen...

 

Geht mir am Ende auf den letzten Metern die Puste aus? Habe ich meine Kräfte falsch eingeteilt, mich schlicht und ergreifend überschätzt? Nicht bemerkt, wie anstrengend all die Vorbereitungen sind, die parallel zu meinem normalen Leben laufen – zum beruflichen wie privaten? Oder wächst einfach nur die Spannung kurz vorm Start? Ich weiß es nicht. Ich bin in Lauerstellung, ob und was sich da zusammenbraut, obgleich ich doch weiß, ich kann mich darauf nicht wirklich vorbereiten.

 

Nach dem Tief am Morgen und einem kurzen Energieschub am Mittag bin ich am frühen Nachmittag trotz Espresso erneut so müde, dass ich am liebsten meinen Kopf auf den Esstisch legen möchte. Nur mit Mühe widerstehe ich dem Impuls, denn ich habe noch einiges zu tun. Ich schleppe mich durch den Tag, von Leichtigkeit und Gelassenheit keine Spur. Am Abend sitze ich auf meinem Sofa und erlaube mir den Gedanken: Es ist, wie es ist. Wenn mein Körper der Meinung ist, er bräuchte vor der dreimonatigen Auszeit erst einmal selbst eine kurze Auszeit, kann ich es nicht ändern. Obwohl ich weiß, es würde die Pläne von mindestens vier Leuten komplett über den Haufen werfen.

 

Pause vor der Auszeit - entspannt in die freien Tage
Vielleicht drückt das Leben tatsächlich die Pausen-Taste... wer weiß?

 

Doch nach den Erfahrungen der vergangenen Monate weiß ich: Es ergibt absolut keinen Sinn, Dingen Widerstand zu leisten, die gerade so sind, wie sie sind. Was das in meinem Fall bedeutet, weiß ich nicht mal genau. Außer, dass ich mich müde und erschöpft fühle. Also ist es das Beste, jetzt schlafen zu gehen und auf Besserung zu vertrauen. Heute lässt sich das Ruder eh nicht mehr herumreißen. Morgen früh muss ich um neun Uhr in der Innenstadt sein, ich habe einen Termin für meinen PCR-Test. Mit negativem Ergebnis, wie ich hoffe. Ohne dieses würde ich die nächsten Tage nicht einmal über die Schwelle meiner Wohnungstür hinauskommen. Stattdessen dürfte ich mich auf zwei Wochen Quarantäne einrichten. Nicht auszudenken. Klingt wie eine Vollbremsung kurz vorm Abheben. Bei diesem Szenario bleibt selbst meinem Verstand der Mund offen stehen.

 

Am nächsten Morgen fühle ich mich wesentlich besser. Es könnte also doch noch alles gut werden. Genaugenommen ist der anstehende PCR-Test die letzte große Hürde.

 

Hürde nehmen für eine Auszeit ü50
... wenn ich nur schon drüber wäre! © Roy Harryman
Katze neugierig am Fenster
Auch schon neugierig, wie es weitergeht? © pixaline

Auszug aus dem 26. Kapitel

 

- der Tag der Abreise - 

 

Der Tag der Abreise ist da. Wie oft habe ich ihn mir in Gedanken vorgestellt. Mich gefragt, wie ich mich fühlen würde. Aufgeregt? Voller Vorfreude? Traurig, weil der Abschied naht?

 

Als ich jetzt kurz nach sechs Uhr morgens hellwach und mit klopfendem Herzen in meinen Kissen liege, stelle ich fest: Es ist eine Mischung aus allem. Für mehr als einhundert Tage werde ich nicht in meinem Bett schlafen. Ich werde heute die Wohnungstür hinter mir zuziehen und erst im Juli, wenn der Sommer längst Einzug gehalten hat, wieder zurück sein. Für einen Moment bleibe ich noch liegen. Will ein paar Minuten für mich sein, bevor der Tag den Takt vorgibt. Neben dem Spiegel steht mein Rucksack. Alles ist gepackt. 

 

Etwas später stehe ich auf, gehe duschen, ziehe mich an und checke ein letztes Mal meine Reiseunterlagen: Ticket, Ausweis und den, zum Glück!, negativen PCR-Test. Aus dem Zimmer meines Sohnes höre ich Stimmen. Mein Großer und seine Freundin sind ebenfalls wach. Wenig später steht er mit verwuscheltem Haar in der Küche und schmiert mir Brote für die Reise. Was für eine liebevolle Geste. Ich muss schmunzeln bei dem Gedanken, wie oft ich dort am Küchentisch gestanden habe, Schnitten schmierend für Schule, Wandertag, Urlaub. So ändern sich die Zeiten. 

 

...

 

Jetzt geht's wirklich los;-)

Nächste Woche lest ihr das komplette Kapitel. Dazu gibt es erste Fotos vom Unterwegssein!

Ich freu mich auf euch! 

 

 

Kommentare: 0